Freitag, 18. November 2016

Jeder Schritt keine Selbstverständlichkeit!

Ich komme gerade vom Doppelkopf. Auch wenn wir heute kein Doppelkopf spielen konnten, weil uns Hannelore kurzfristig abhanden gekommen ist, ist es immer wieder schön, meine Lieben wiederzusehen, die schon so lang ein wichtiger Teil meines Lebens sind. Viel Zeit meines Lebens haben sie bisher eng begleitet. Nicht viele Menschen lasse ich so tief blicken.
Das letzte Mal Doppelkopf lag schon einige Zeit zurück, so dass ich heute natürlich auch von meiner momentanen Situation und den vergangenen Wochen berichtet habe. 

Mit einem Teil dieser Runde war ich Ende Mai für ein verlängertes Wochenende in Dänemark. Fritzchen äußerte heute, wie sehr er sich darüber erschrocken habe, dass ich so schnell auf dem Weg zum Strand schlapp gemacht habe. Wie wenig belastbar ich war. Wenige Schritte, die furchtbar anstrengend für mich waren. Er kann das wahrlich beurteilen, da wir schon verdammt viel miteinander erlebt haben.

Ja, zum Schluss war selbst der Weg nach Rewe in der Mittagspause to much für mich. Nichts mehr, was ich freiwillig mit Freude gelaufen bin. Der Weg zur Mülltonne, zum Cafe, beim Einkaufen... alles zu viel!
Am allerschlimmsten war es, diese Wege mit jemanden zusammen zu gehen. Das Schnaufen, die Rückenschmerzen, der Wunsch stehen bleiben zu wollen... All das wollte ich möglichst niemanden offenbaren. Hat natürlich nicht geklappt, ich weiß! Ganz vermeiden lies es ich eben nicht immer.

Jeden täglichen Schritt feiere ich nun. So etwas basales wie das Laufen nehme ich so bewusst wahr. Kein Schritt soll in mein Unterbewusstsein verschwinden. Mit jedem Schritt führe ich mir vor Augen, wie wertvoll diese neugewonne Freiheit ist. Welche Bedeutung so scheinbar Selbstverständliches hat.
Nein, ich brauche keinen Parkplatz mehr direkt vor der Tür. Ich brauche auch keinen Drucker im Büro. Ich will laufen! Boden unter den Füßen spüren.

Mein Lieber, ich danke dir für so ehrliches "vor die Augen führen". Für die so wichtige Konfrontation mit dem was war, nicht mehr ist und hoffentlich nie wieder sein wird.  

Geduldig sein? Och nö!

Mit Geduld endete mein letzter Post, die Gedanken dazu jedoch noch nicht.
Geduld ist wohl in jeder Lebenslage eine sinnvolle Eigenschaft. Geduldig und Schlauchi sein eine Geduldsprobe.

Anfangs steht der Entschluss sich einen Termin für ein Erstgespräch im Klinikum geben zu lassen. Zwei Jahre hat es gedauert, bis ich mich endlich durchringen konnte, die Nummer zu wählen. So lange und dann möchte man diesen Termin am liebsten schon Morgen haben. Bloß geduldig sein!

Es gibt verschiedene Zeitspannen vom Erstgespräch bis zur Antragsstellung bei der Krankenkasse. Das ist davon abhängig, wie erfolgreich man sich über die Jahre fett gefuttert und wie viele Begleiterkrankungen man hat.
Ich habe so viel auf die Waage gebracht, dass ich locker die drei Monate MMK (Multimodales Therapiekonzept) gebucht habe. "Hast du ein Glück.", sagten verschiedene Personen zu mir. Glück? Hallo? Glück, dass ich mich habe so gehen lassen? Glück, dass ich so dick bin, dass ein lebensbedrohlicher Zustand erreicht ist? Glück, dass ich mich nur drei Monate mit dem Thema auseinander setzen muss, bevor ich einen Antrag bei der Krankenkasse auf Kostenübernahme stellen darf?
Nein, eine weitere verdammt harte Erkenntnis, wie weit man es getrieben hat.
Ich halte das MMK übrigens für äußerst sinnvoll. Dazu aber ein anderes Mal mehr.

Mit Erstgespräch begann jedenfalls mein MMK. Eng getaktete Ernährungsberatung, regelmäßiger Sport, psychosomatische Begutachtung, regelmäßige Besuche der Selbsthilfegruppe, Infoveranstaltungen, Ernährungsprotokolle, Diätprotokolle, Blutuntersuchung, Ärztehopping..... Termine über Termine. Warten auf Berichte! Zwischendurch immer der Druck bloß keinen Gramm zuzunehmen. Freude über jeden Gramm den man abgenommen hat. Bloß geduldig sein!

MMK erfolgreich mit 6,8 kg Abnahme erledigt. Check! Zweitgespräch in der Klinik. Check! Warten auf das Zweitgutachten. Check! Antragsformulierung. Check! Antragsabgabe. Check! Waaaaaaarten. Brief der Krankenkasse, dass der Antrag zum MDK abgegeben wurde. Warten. Durchdrehen. Warten. Zweifeln. Warten. Bloß geduldig sein!

Drei Wochen später dann die Nachricht, dass die Operation genehmigt ist. Ich hab geweint. Ich habe geschrien. Keine Worte. Unendliche Erleichterung. Pures Glück. Keine Sekunde habe ich ab da mehr gezweifelt. Keine Sekunde hatte ich auch nur Angst vor dieser OP, ein bisschen Aufregung vielleicht. Ich wusste, es ist das richtige, das einzig richtige.

Die größte Herausforderung bis zum OP-Termin zeigte sich dann in der 10tägigen Flüssigphase. Davon erzähle ich euch ein anderes Mal. Dazu braucht es mehr als zwei bis drei Sätze. Da ging es nicht mehr bloß um geduldig sein. Da kam ich an meine Grenzen. Nur so viel dazu: Ich höre lieber noch 10x mit dem Rauchen auf!

Ich wollte mich nochmals für all die unglaublichen (überraschenden, teilweise sehr rührenden) Rückmeldungen zu meinem Weg und vor allen Dingen zu dem Blog bedanken. Es bedeutet mir viel und stärkt mich wahnsinnig. Ich bin dankbar für alles, dankbar für euch!
Als ich mit dem bloggen anfing, war mir nicht klar, was für eine Reise beginnt. Aber sie ist ganz spannend. Deshalb werdet ihr wohl vorerst weiterhin von mir hören. Weiter verfolgen, unbedingt! Weitersagen, unbedingt!
Geduldig sein? Och nö!

Ganz fast ist die Arbeitswoche übrigens um. Habt alle einen kuscheligen Start in das Wochenende und freut euch mindestens genauso auf den morgigen Samstagabend, wie ich es tu!
Was ist los? Es ist Party angesagt!



Mittwoch, 16. November 2016

Ab heute esse ich gesund... also kandierte Früchte!

Die heutige Sinnfrage lautet:
Was ist mit kandierten Früchten?
Dürfte doch eigentlich kein Problem sein, oder? Wo Frucht drauf steht, ist auch Frucht drin. Kandiert macht doch gar nichts aus, hm?
Es ist in etwa zu vergleichen mit der Zuckerwatte. Watte macht auch nicht dick.

Wer sich nicht ernsthaft mit dem Thema Ernährung bzw. der Auswahl von Lebensmitteln auseinander setzen will, wird scheitern. Aber ist es immer der nicht ausreichende Wille, der da einem im Weg stehen kann? Was ist mit dem Bewusstsein für sich und seinen Körper? Braucht man auch ausreichend Intelligenz, um Zusammenhänge verstehen zu können?

Bescheid zu wissen, wie Ernährung funktioniert, reicht nicht aus!
Wie oft sagte ich den Satz: "Ich weiß ja eigentlich, wie das funktioniert, aber...! Ja was, aber? ...aber erst Mal kommt der Geburtstag und Weihnachten!? ...aber zurzeit ist es etwas stressig auf der Arbeit und sonst habe ich auch ziemlich viel zu tun!?
Bescheid wissen heißt nicht, dass es zwingend zur Umsetzung führt!

Ich habe mich ganz sicher bis zum Beginn des Weges nicht gut ernährt, sonst wäre ich nicht auf dem OP-Tisch gelandet.
Manchmal erstaunt es mich dennoch, wie unbelehrbar Menschen sein können.  Wie sehr sie die Augen verschließen. Wie sehr sie sich Situationen schön reden. Wie knapp sie der Gefahr in die Augen schauen und dennoch weit entfernt davon sind, so etwas wie ein Wille zu entwickeln.
Jeder hat seinen Zeitpunkt. Den Zeitpunkt die Situation zu erkennen. Den Zeitpunkt etwas ändern zu wollen. Auch ich brauchte meinen Zeitpunkt. Nicht andere haben meinen Zeitpunkt bestimmt. Nur ich selbst!

Insgesamt bestand mein Tag heute aus lauter Sinnfragen.
Eine Frage war der Sinn von 24 Stunden Blutdruckmessgeräten.
Heute durfte ich mir bei meiner Hausärztin ein 24 Stunden Blutdruckmessgerät abholen. Hey, ich war ganz geduldig! Nach der zweiten Messung eine halbe Stunde nach Abholung, beim Einparken bin ich nur ein ganz kleines bisschen ausgerastet. Hätte ich nicht das Messgerät von meinem Arm entfernt, wäre ich vermutlich böse zu meinem Auto geworden. Sämtliche Versuche es wieder anzulegen, sind leider gescheitert. Wie schade!

Innerhalb kürzester Zeit nach der OP konnte ich die Tabletten gegen Bluthochdruck absetzen, die ich zuvor schon über längere Jahre genommen habe. Es ist ein Gefühl von Freiheit morgens nicht mehr an seine Tabletten denken zu müssen. Die geplante 24 Stunden Messung sollte das ganze lediglich abrunden und nochmal überprüfen, ob auch wirklich alles in Ordnung ist. Morgen früh werde ich der Ärztin wohl erklären müssen, dass Geduld wohl nicht zu meinen größten Stärken gehört.










 

Dienstag, 15. November 2016

Schmerzen, um sich zu spüren?

Ungewohnte Körperliche Betätigung führt zu Muskelkater. Ohne ungewohnte körperliche Betätigung kein Muskelkater. Deshalb wohl ein sehr fremdgewordenes Gefühl für mich.

Vier Wochen nach der OP durfte ich endlich mit Sport starten. Seit dem Beschluss mein Leben gesünder leben zu wollen, habe ich mich sehr darauf gefreut.

Das erste Mal im Hallenbad nach Jahren stand an. Mich in Badeanzug zeigen und das auch noch vor Fremden, wäre mir zuletzt nicht mehr eingefallen. Je mehr musste ich meinen Mut zusammen nehmen, um dann tatsächlich ein Hallenbad zu betreten. So bin ich dann aber das erste Mal mit Uschi beim Schwimmen gelandet.

Schon vorher haben sich mehrere als Begleitung angeboten, aber diesen für mich sehr intimen Moment konnte ich nicht mit jeder/jedem teilen. Verzwickte Situation, die zwangsläufig dazu führte, jemanden zu verletzen. Aber in dem Moment ging es eben ganz egoistisch um meinen Körper, um mein Wohlbefinden.

Diese zwei Stunden im Hallenbad waren für mich ein irres Gefühl. Ich habe vorher gesagt, dass ich 10 Bahnen schaffen will und sich Uschi darauf einstellen müsste, dass ich vielleicht irgendwann nicht mehr kann. Ich dachte vor der OP immer, dass ich im Schwimmbad in der Mitte der Bahn bestimmt untergehe, mich der Bademeister retten müsste und ich mich bis auf die Knochen blamiere. Aber es war ganz anders. In Begleitung meiner lieben Freundin und voller Motivation haben wir eine Stunde mit 50 Bahnen verbracht. Ich wollte nicht mehr aufhören. Ein bisschen wie Forrest Gump, nur im Wasser.

Wenn es eine Schwimmsucht gibt, dann bin ich seit diesem Tag definitiv süchtig. Ab da bin ich etwa fünf Mal in der Woche zum Schwimmen gefahren. Immer super Leute an meiner Seite, egal zu welcher Uhrzeit. Ein Tag ohne Schwimmen und ich fühlte mich unausgeglichen.
Zurzeit habe ich seit Wochen eine Blasenentzündung, so dass ich zurzeit nicht mehr Schwimmen gehen darf. Ersatzdroge Fitnessstudio ist vorübergehend gefunden, Halde rauf und runter ist mindestens genauso aufregend.
Ich freue mich noch viel mehr auf Fahrrad fahren, Wasserski, klettern, Badminton, joggen... Ich habe so Lust auf Sport und mit jedem Kilo weniger, wird etwas anderes dazu kommen, was wieder besser geht.

Aber zurück zum Muskelkater. Seit Montag plagt mich unglaublicher Muskelkater. Aber es fühlt sich gut an! Ich will mehr davon. Seinen Körper so zu spüren, ist ein Genuss. Während ich das so schreibe, muss ich lachen. Ein bisschen verrückt ist das schon. Aber ja, der Körper erwacht. Im Körper tut sich etwas. Eine Erinnerung daran, dass man etwas für den Körper getan hat.

Dieses Mal war es kein Sport, sondern eine Wohnungsrenovierung bei einer neu gewonnen Freundin, die ich ohne den Weg niemals kennengelernt hätte. Eine weitere Bereicherung in meinem Leben. Sowohl die Freundin als auch die Wohnungsrenovierung, die mir viel leichter fiel.

Ich hätte nie gedacht, dass mir Sport im Leben so wichtig wird. Aber es ist wahnsinnig wohltuend für Körper und Geist.

Apropros Wohltuung, lasset die Weihnachtsmarktzeit beginnen und macht es euch gemütlich! Ich werde es jetzt auch tun.

Montag, 14. November 2016

Denn ich hab` Stoff und Schnaps....

Inspiriert durch einen beruflichen Termin heute morgen, werde ich meine Mittagspause nun hiermit verbringen. Gefühlt eben noch gefrühstückt. Das perfekte Ei. Perfekte Eier kann nur Uschi.

Was macht man mit seiner To Do-Liste? Genau, schön saufen. Ich finde, wir haben heute morgen gute Lösungen erarbeitet.

Wie passen eigentlich Schlauchmagen und Alkohol trinken zusammen?
Genauer betrachtet macht Alkohol nicht nur doof, sondern hat eben einfach auch eine Menge Kalorien. Überflüssige Kalorien vor allen Dingen. Eine Mahlzeit ersetzt das schon Mal gar nicht. Es hemmt dazu auch noch die Fettverbrennung. Viele berichten, dass sie nach der OP gar keinen Alkohol mehr vertragen, andere nur in geringen Mengen, andere versuchen es erst gar nicht. Andere wollen es nicht, andere brauchen es nicht.

Eine berechtigte Frage: Wie viel darf ich meinem Körper zu muten? Wie viel darf ich meinem Körper in der akuten Abnehmphase zu muten?

Ich habe für mich den Weg gewählt, auf nichts zu verzichten. Auf nichts. Weder auf Süßigkeiten, noch auf Alkohol, nicht auf Fleisch, schon gar nicht überhaupt auf Kohlenhydrate (was in Mode ist)...
Was? Wann? Wie? Wie viel? Das sind die Fragen, die für mich wesentlicher sind. Bewusst auswählen, bewusst genießen! Bewusst entscheiden, zu verzichten. Sich nicht etwas gönnen müssen. Was heißt überhaupt "sich gönnen"? Ist "sich gönnen" etwas positives? Belohnt man sich mit Essen?
Ein schöner Spaziergang, ein neues T-Shirt, ein schönes Konzert oder ein neuer Nagellack..... Das bedeutet für mich mittlerweile "sich gönnen", "sich belohnen", "genießen".

Nicht das Alkohol etwas existenzielles für mich ist, was ich unbedingt und oft erleben muss. Oder was mir in irgendeiner Form Ersatzbefriedigung zum Essen verschafft/verschaffen muss.
Aber ja, ich gönne mir auch Alkohol. Nämlich dann, wenn mir danach ist. Wenn ich für mich entscheide, dass es der richtige Moment ist. Obwohl ich mich in der akuten Abnehmphase befinde.

Das ist etwas, wofür ich mich immer wieder rechtfertigen muss. Bei ebenfalls Operierten, Nicht-Operierten und Niemals-Operierten. Dabei hat doch bisher auch jeder selbst entschieden, wie er mit seinem Körper umgehen möchte.
Leben und leben lassen! Das galt für mich vor der OP und das gilt für mich nach der OP.

Folgendes haben seeehr gute Musiker zum Ausdruck gebracht: Wenn deine Alte chillen will, kein Problem. Dann komm`ich vorbei, ich komm`nicht allein. Denn ich hab`Stoff und Schnaps....
Ich denke, das ist ein faires Angebot :-)










Sonntag, 13. November 2016

Kleine Wunder, große Wonder....

Dem ein oder anderen haben ich den Link zu diesem Blog bereits geschickt. Eine Rückmeldung habe ich auch von meinem großen Wunder bekommen. Nun habe ich Lust, euch von meiner Brautkleidsuche zu erzählen.

Ein Brautmodengeschäft zu finden, in dem es bezahlbare (!) schöne (!) Brautkleider in Übergroßen gibt, ist nicht leicht. Meine größte Sorge war sowieso: Wie kriege ich meinen Körper in ein Kleid und wie sehe ich dabei auch noch gut und elegant aus?
Ich bin dann auf ein Geschäft in Bochum gestoßen. Ungefähr ein Jahr vor der Hochzeit gab es den ersten Termin und ich habe tatsächlich ein Kleid gefunden, was mir zu gefallen schien und auch möglicherweise irgendwann perfekt passen sollte. Korsage, keine Korsage? Träger, keine Träger? Schnürung, keine Schnürung? Geblendet durch diese unheimlich nette Verkäuferin. Glücklich, ein Kleid gefunden zu haben. Anproben über Anproben. Merkwürdigkeiten über Merkwürdigkeiten, aber was bleibt einem schließlich übrig. Der Markt gibt eben nicht so viele Geschäfte für dicke Menschen her.
Zwei Wochen vor der Hochzeit plötzlich das große Erwachen. Nichts des Kleides passte auch nur ansatzweise. Schon während der Anproben zwischendurch, wollte sie mir je nach Lust und Laune erzählen, dass ich mehrere Nummern zugenommen und auch wieder abgenommen habe. Je nachdem wie passend das Kleid war, was sie gerade da hatte. Am Abholtag hat sie aber einen drauf gesetzt. Jede Menge Körper, aber nochmal viel mehr Stoff. Mit der richtigen Klammer wirkt das schon, bis Zuhause die Erkenntnis kam, das keine Schneiderin weit und breit, daraus ein passendes Brautkleid zaubern kann. 

Jede Menge Frust, Trauer, Verzweiflung... bis ich das bei facebook zum Ausdruck gebracht habe. Durch Zufall las das unser Fotograf. Der kenne da jemanden, der jemanden kennt und der da durch Zufall, kürzlich ein Laden in Moers geöffnet habe, der Brautkleider in Übergrößen anbiete.
Mein Wunder war wahrhaftig lebendig. Ein kurzes Telefonat, Verabredung für den nächsten Tag, Begleitung zusammen getrommelt und los. Nacht und Nebelaktion. Etwa 24 Stunden später nachts um 3 Uhr hatte ich dann mein Kleid gefunden. Alle voll übermüdet. In dieser Zeit wurden die Ohren meiner Mitmenschen ganz schön strapaziert. Eine Achterbahnfahrt.

Zwischendurch habe ich dann noch schnell mein missglücktes Kleid zurück gegeben. Und innerhalb einer Minute voller wütender Worte das volle Geld zurück bekommen. Wie ich es geschafft habe, ihr keine reinzuhauen, weiß ich bis heute nicht. Danach brauchte ich erstmal ein Bier und die Erkenntnis, dass so eine Hochzeitskleidgeschichte nicht Alltag ist.

Am Ende wurde alles gut. Ich hatte ein wunderschönes traumhaftes Kleid, in dem ich mich wohlgefühlt habe. Und ja, diese Fotos sind die einzigen Fotos von mir aus den letzten 5 Jahren, die ich mit großer Freude anschaue. Ich träume davon, irgendwann in ein ganz normales Brautkleid zu passen, aber ich bin dankbar dafür, dass ich zumindest an diesem Tag eine schöne dicke Braut sein durfte.

Ich danke Vivian Wonder für seinen nicht selbstverständlichen Einsatz. Der spontane Termin, die Fahrt nach Essen, das Einfallen bei C., die tröstenden Worte, den Mut....
Achja, und die Möglichkeit bei einer Modenshow mitzulaufen. Ich weiß nicht, wer mich jemals dazu gebracht hat, ja zu sagen. Aber ich habe mein Brautkleid in zwei Durchläufen auf der Hochzeitsmesse präsentiert. Doofe Blicke derer, die ihre Models in Größe 36, 38 oder höchstens 42 auf den Laufsteg schickten. Völlig ahnungslos bin ich darüber stolziert, habe mit meiner Schleppe etwas Chaos angerichtet, Mama vor stolz platzen lassen und etwas Applaus kassiert. Eine Erfahrung, die mich stark gemacht hat. An die ich noch so oft denke. Eine Erfahrung, die ich in der Form nie wieder machen möchte. Nie wieder in Größe 62 über den Laufsteg. Vivian, ich hoffe, wir sehen uns genau da wieder. Ich in eines deiner Kleider, nur ganz viel kleiner!!!

 

Doch der zweite folgt sogleich.....

Wie eigentlich so ziemlich oft, komme ich gerade aus dem Palladium in Köln. Mal wieder ein Konzert. Eigentlich eins eines meiner Lieblingsbands, die wohl mal dringend die Rente nötig hat. Aber das ist irgendwie zweitrangig. 
Ich sitze hier in meinem Bett und egal, wie oft ich in meine Füße zwicke, sie wollen einfach nicht weh tun. Das war heut das dritte Konzert seit der OP. Das erste seit langer langer langer Zeit, ohne das mir die Füße schmerzen und es mir schon vor morgen graust, weil ich nie wusste, wie ich am nächsten Morgen schmerzfrei auf die Toilette kommen sollte. Normalerweise konnte ich meine Füße schon zu Beginn der Vorband nicht mehr gebrauchen. Jetzt gerade denke ich mir nur: Geil, wie wäre es mit einer Runde Spazierengehen.

Auf dem Konzert angekommen, fiel mir auf, dass mir noch eine Mahlzeit heute fehlte. Man kann es sich vielleicht kaum vorstellen, aber irgendwann kommt man an den Punkt, an dem man das Essen vergisst. Es ist einfach nicht mehr so wichtig, Nebensache. Aber jaja, ich bin kein Schlauchi, um da weiterzumachen, wo ich irgendwann aufhörte. Ich achte brav auf das Einhalten meiner drei Mahlzeiten, viiiiel Eiweiß und das Trennen von Essen und Trinken.
Es gab die Wahl zwischen Currywurst und Bockwurst. Einfache Entscheidung! Wat schönret gibt et nich, als wie Currywurst. Aber Enttäuschung! Nicht, dass ich nur zwei Stücke geschafft habe, bis ich satt war, sondern weil es irgendwie gar nicht so lecker war. Knäckebrot mit Frischkäse und Kräutersalz hätte ich alternativ auch nicht von der Tellerkannte geschupst.
Ist das eigentlich mein Problem, wenn ich quasi mit dafür sorge, dass andere durch meine Reste, mit denen ich so großzügig um mich schmeiße, zu nehmen? An dieser Stelle sind all meine lebendigen Abfalleimer gegrüßt.
Auf dem Rückweg stand eigentlich ein Mc Flurry auf dem Plan. Kurz vor der Ausfahrt dann doch noch die Notbremse. Jetzt ein Eis? Nee, das endet nur wieder im Disaster, wie vor ein paar Monaten, als Hannelore und ich vier drive in im Ruhrgebiet abgefahren sind, weil es nirgendwo essbaren MC Flurry gab.

Eine weitere Erkenntnis gab es heut auf dem Konzert. Fast schon entsetzt stellte ich fest, dass ich Knochen habe. Ja, ich habe Knochen. Ihr habt richtig gelesen, Knochen! Ich habe mein Schlüsselbein gefühlt. Nunja, man kann es noch nicht sehen. Aber tasten. Ich wäre keine Wette eingegangen, wenn mir jemand vor ein paar Wochen gesagt hätte, dass ich Knochen habe. Vor zwei Tagen habe ich meine Rippen ertastet. Willkommen im Biounterricht! Lernen am Modell.

Übrigens habe ich eine Zeit lang gedacht, ich habe einen Hirntumor. Unendliche Erleichterung: Es war tatsächlich nur fett, der meinen Kopf mit der Zeit unförmiger und größer gemacht hat. Nein, kein Gehirntumor. Auch keine steigende Intelligenz. Einfach nur der Speck, der genug von Bauch, Beine, Po hatte.
Ihr glaubt gar nicht, an welchen Stellen man so alles abnimmt. Ich halte an meinen Disney-Grinsekatzen-Lieblingsvans fest, aber eigentlich sind sie mittlerweile viel zu groß. Wie ärgerlich, dass ich sie so lange nicht an hatte, aus Angst, sie könnten schmutzig werden.

Achja, ich bin überrascht und ja schon irgendwie ein bisschen ganz vielleicht überwältigt, über die Reaktionen, die ich so von euch auf den Blog und meinen ersten post bekommen habe. Das macht Bock, weiter zu schreiben und ermutigt mich, jeden Tag weiter zu kämpfen. 
Ihr dürft gerne auch Kommentare hinterlassen!

Für heute verabschiede ich mich in die Traumwelt. Schlafen ist nicht mehr so mein Ding, aber ich gebe mir Mühe, es dann doch manchmal zu tun.







Samstag, 12. November 2016

Irgendwie fängt es immer an....

So, das wird wohl mein 1. Mal. 
Zunächst einen großen Dank an all die Mit- und Querdenker, die mitverantwortlich für den Namen meines Blogs sind. Ich dachte schon, ich scheitere allein an der Namensauswahl. Liebsten Dank Jenna, Christian und Daniel (der durchgeknallte Typ, der nur Cam kann)!!

Wo fang ich an? 
Vielleicht am 28.07.2016. Ja, das war wohl ein Schicksalstag für mich. 
Nachdem für mich an Rosenmontag 2016 eine kleine Welt zusammen gebrochen ist und ich es mit den Tränen zumindest noch bis vor das Klinikum geschafft habe, hätte ich nicht gedacht, das ich heute da stehe, wo ich stehe. Vor allen Dingen so da stehe, wie ich stehe bzw. jetzt gerade sitze. Die Waage war nicht besonders schmeichelhaft zu mir. Oder sagen wir es mal so: Ich war nicht besonders schmeichelhaft zu meinem Körper. Wenn ich doch mit jeder weiteren Zunahme dachte, so um die Pubertät mal schlank gewesen zu sein, weiß ich jetzt, das man sich da ganz besonders gut selbst belügen kann. Jedes kg mehr findet seine Ausrede. 
Aber was ist, wenn man plötzlich realisiert, wieviel Schein das ach so tolle Selbstbewusstsein eigentlich ist? Wenn man sich vor jeder Treppe, die man zu laufen haben könnte, fürchtet? Wenn man das Cafe nach den Stühlen aussucht, weil der Popo nicht mehr in jeden reinpasst? Wenn man mit dem Auto am liebsten in das Geschäft reinfahren würde, weil jeder Schritt scheiße anstrengend ist? Wenn man sich vor Konzerten mit Schmerztabletten vollstopft, damit man das Stehen durchhält? Wenn man sich schämt, in der Öffentlichkeit auch nur ein Eis zu essen, weil man die Blicke anderer nicht mehr aushält? Wenn man Bilder von sich selbst sieht und sich ekelt? 
Den Leidensdruck kann sich niemand vorstellen, wenn er ihn selbst nicht erlebt hat. Einziger Ausweg für mich: An mir rumschnibbeln lassen und wie ich damals dachte, mich meiner Lebensqualität, die auch im Essen lag, zu berauben?!

Heute erahne ich zumindest, was Lebensqualität bedeutet. Mit 1,5 l weniger Fassungsvermögen im Magen, 6 Kleidungsgrößen kleiner, 18 BMI-Punkte weniger und 45 kg leichter. 
Das ist nur ein kleiner Anfang, von dem, was noch folgen wird/muss. Aber es bedeutet für mich schon jetzt die Welt. 
Noch heute habe ich davon in der Selbsthilfegruppe berichtet: Heute morgen habe ich die 45 kg geknackt, 3 1/2 Monate post OP. Ich bin unsagbar glücklich!! Noch immer stehen mir gaaanz viele Kilos bevor und für den Kopf ist das alles nicht immer leicht zu realisieren. Aber verdammt, das ist geil!
Ich kann mich in meinen kleinen Lupo setzen und mit Winterjacke anschnallen. Mein Gürtel lässt kein weiteres zusätzliches Loch mehr zu, damit kann ich höchstens noch jemanden mit einwickeln. Ich laufe in die 3. Etage und habe noch Luft, um sogar mit den Menschen zu sprechen. Die Lust auf das Leben ist kaum zu bändigen. Manchmal glaube ich noch, ich träume das alles. Wenn ich mir dann aber alte Fotos anschaue, dann weiß ich, dass es Realität ist.


Ich war schon immer ein lebensbejahender Mensch, aber jetzt gerade glaube ich, dass keine einzige Droge auf diesem Planeten, mir auch nur ansatzweise ein geileres Lebensgefühl bieten könnte. Das will ich festhalten! Das werde ich festhalten!
Natürlich gibt es auch negative Seiten, Erlebnisse, Gedanken.... Aber keins ist auch nur so negativ, dass es mich zum Zweifeln bringen würde, den richtigen Weg gegangen zu sein. Ich gehe den richtigen Weg! Ich gehe meinen Weg! 

Für heute werde ich mich verabschieden. Ich habe noch so viel, was ich los werden möchte. Gut, dass der Platz hier nicht begrenzt ist. In den nächsten Tagen mehr....

Ich würde mich freuen, wenn ihr Lust habt, immer mal wieder reinzuschauen und vielleicht auch etwas von meiner neugewonnen Lebensfreude auf euch über schwappt. 
An einen denke ich da zurzeit ganz besonders. Dieser jemand weiß, wie sehr mich sein momentanes Wohlbefinden berührt. Er hat endlich wieder sonnigere Tage verdient!

Macht es gut für heute und genießt den Samstag! Eines meiner Lieblingsbands würde jetzt singen: Ooooh nein, schon wieder Samstag...! Ich sage: Oh geil, schon wieder Samstag! :-)